Frankfurt am Main, 21. Dezember 2021 – Die Luftfracht profitierte auch 2021 von der anhaltend hohen globalen Transportnachfrage, die durch Engpässe bei der Seefracht und der Störung weltweiter Lieferketten weiter verstärkt wurde. Auch für die kommenden Jahre gehen Branchenexperten von weiterem Wachstum getrieben durch das steigende E-Commerce-Geschäft aus. Über die Herausforderungen und Chancen des kommenden Jahres diskutierten die Mitglieder des Aircargo Club Deutschland (ACD) mit Ashwin Bhat, seit März neuer Chief Commercial Officer der Lufthansa Cargo AG.

 

Nachdem der Luftfrachtmarkt mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr zunächst stark einbrach, ist die Nachfrage nach Luftfrachtkapazitäten laut dem internationalen Branchenverband IATA mittlerweile deutlich über Vorkrisenniveau gestiegen. Doch noch immer sind die Luftfrachtkapazitäten nicht so verfügbar wie vor der Pandemie. So blieben die freien Kapazitäten im Oktober 2021 8 Prozent unter dem Niveau vom Oktober 2019. Grund hierfür sind fehlende Interkontinentalflüge im Passagierverkehr, bei denen ebenfalls große Mengen an Frachtgütern beigeladen werden. Ashwin Bhat, Chief Commercial Officer bei der Lufthansa AG, berichtete beim Aircargo Club Deutschland, dass man davon ausgehen könne, dass die Kapazitätslücke noch bis 2025 bestehen bleibe.

 

Trotz aller Herausforderungen stellte die Luftfracht in den vergangenen zwei Jahren ihren Wert unter Beweis und erzielte durch Schnelligkeit und Flexibilität Rekordtonnagen. So wuchs die Gesamttonnage im Zeitraum Januar bis August 2021 um 5 Prozent im Vergleich zu 2019. Weil durch die vermehrte Homeoffice-Arbeit die Halbleiternachfrage anstieg, nahmen die Tonnagen im High-Tech-Bereich um 11 Prozent zu. So gab es beispielsweise allein bei Laptops ein Plus von 55 Prozent. Doch auch der Pharmabereich legte ein deutliches Wachstum von 17 Prozent hin. Allein im ersten Halbjahr wurden 7.000 Tonnen an Impfstoffen per Luftfracht transportiert. Aufgrund der Lieferkettenprobleme in der Automobilindustrie stieg in diesem Segment das Luftfrachtaufkommen ebenfalls um 23 Prozent.  „Unterbrechungen der Lieferkette und die daraus resultierenden Lieferverzögerungen haben zu langen Lieferzeiten der Lieferanten geführt. Dies führt in der Regel dazu, dass Hersteller den schnelleren Luftverkehr nutzen, um die während des Produktionsprozesses verlorene Zeit zurückzugewinnen“, erklärte Ashwin Bhat. Denn insbesondere der Seefrachtbereich hat noch immer mit erheblichen Rückständen zu kämpfen. So warteten etwa Mitte November 111 Containerschiffe im Hafen von Los Angeles und Long Beach auf ihre Entladung – vor der Pandemie lag der Rekord dort bei 17 Schiffen. Unter anderem durch diese Probleme erwirtschafteten viele Airlines mit ihren Luftfrachtsparten Rekordergebnisse. So auch die Lufthansa Cargo.

 

Insgesamt erwarte Ashwin Bhat keine dauerhaften negativen Auswirkungen der Pandemie auf den Luftfrachtmarkt. Wirtschaftsindikatoren in wichtigen Märkten stützen diesen positiven Ausblick für 2022. Laut OECD wird das globale BIP bis Ende 2022 voraussichtlich 7 Prozent über dem Niveau von Q4 2019 liegen. „2021 war ein sehr herausforderndes Jahr. Doch wir haben rechtzeitig zahlreiche Maßnahmen vorbereitet und umgesetzt, um diese Herausforderungen zu meistern. E-Commerce wird auch zukünftig ein wichtiger Treiber des Luftfrachtgeschäfts bleiben und auch außerplanmäßige Fracht wird weiterhin einen bedeutenden Teil der Luftfrachtnachfrage ausmachen. Doch genau hier liegt auch die Stärke der Branche. Wir arbeiten hart, um für unsere Kunden die erste Wahl für Frachtverkehre zu sein“, resümierte Ashwin Bhat bei seinem Vortrag.

 

Prof. Dr. Christopher W. Stoller, Präsident des Aircargo Club Deutschland, ergänzte: „2021 haben wir gesehen, wie sich die zu transportierenden Frachtgüter zu Gunsten der Luftfracht verschieben. Doch um auch langfristig erfolgreich zu sein, muss die Luftfracht einige Anforderungen erfüllen. Die Digitalisierung, nachhaltiger Flugverkehr sowie sich neu entwickelnde Kundenanforderungen hin zu mehr Schnelligkeit und noch stärkere Flexibilität sind nur einige wichtige Themen, die angegangen werden müssen.“